Esperanto Literatur

Die Möglichkeit, sich in einer neuen Sprache auszudrücken, beschränkte sich nicht nur auf die Möglichkeit, miteinander zu sprechen, sondern auch auf schriftliche Kommunikation und damit auch auf Literatur.

Erste Übersetzungen

Als die Grundlage für Kommunikation durch eine neue Sprache erst einmal vorhanden war und die Menschen diese Spache lernten, entstand natürlich auch der Wunsch, Literatur in Esperanto lesen zu können. Zunächst wurden verschiedene Werke der Literatur ins Esperanto übersetzt, zu Beginn von Zamenhof um die Möglichkeiten der Sprache zu testen. Er veröffentlichte in seiner Broschüre von 1887 Übersetzungen des Vaterunser, den Beginn der Bibel (1. Buch Mose, Genesis) und zwei Gedichte von Heinrich Heine und zwei eigene. Es wurden Theaterstücke und Novellen übersetzt, hauptsächlich von deutschen und russischen Autoren und 1894 der Hamlet von William Shakespeare. 1926 erschien die Übersetzung der gesamten Bibel.

Einer der frühen Übersetzer und Autoren ist Antoni Grabowski, ein Philosoph und Naturwissenschaftler, der durch seine Erfindungen und technologische Neuerungen unter den Fachleuten in ganz Europa bekannt wurde. Er war schon früh sehr an Literatur und Sprache interessiert und erlernte viele Fremdsprachen, auch das Volapük, eine zu der Zeit bekannte Plansprache. Er gab zwar die Beschäftigung mit ihr auf, war aber weiterhin sehr an der Idee der internationalen Plansprache interessiert. 1887 traf er Zamenhof und war beeindruckt von der transparenten Struktur und Ausdrucksmöglichkeit des Esperanto. Es folgten Übersetzungen von Der Schneesturm von Alexander Puschkin und von Die Geschwister von Johann Wolfgang von Goethe. Er war langjähriger Vorsitzender der Warschauer Esperantisten-Gesellschaft (gegründet 1904) und der Polnischen Esperanto-Gesellschaft (aus der vorgehenden 1908 hervorgegangen), und er war seit 1908 Direktor der Grammatik-Sektion der Esperanto-Akademie. 1913 erschien die Anthologie Vom Parnass der Völker mit 116 Gedichten, die 30 Sprachen und Kulturen repräsentieren. Sechs der Gedichte wurden in Esperanto verfasst, 110 übersetzt.

Original-Literatur

1907 erschien der erste in Esperanto geschriebene Roman, der jedoch in der literarischen Kritik nicht eben als wertvoll galt. In den folgenden Jahren entwickelte sich eine reichte Literaturlandschaft, so etwa in Ungarn mit den Werken von Kálmán Kalocsay, der als einer der bedeutendsten Übersetzer und Poeten des Esperanto gilt und viel zur Entwicklung der Sprache beigetragen hat. Sein erster Gedichtband erschien 1921 und er gab die renommierte Zeitschrift Literatura Mondo heraus. Er veröffentlichte auch einige Bücher über Literatur und linguistische Theorie, eine Grammatik und eine Enzyklopädie des Esperanto. Gemeinsam mit Gaston Waringhien verfasste er das Parnasa Gvidlibro, einen Leitfaden für Schriftsteller, und die Plena Analiza Gramatiko, das lange Zeit maßgebliche Standardwerk für die Esperanto-Grammatik.
Julio Baghy war ebenfalls in Ungarn tätig, als Autor und Schauspieler. Er war mehrmals Regisseur und Mitwirkender der Theateraufführungen, die auf Weltkongressen des Esperanto aufgeführt wurden und er war Vizepräsident der Esperanto-Akademie. Von 1922 an veröffentlichte er mehrere Gedichtbände: Preter la vivo, Pilgrimo, Migranta Plumo und La vagabondo kantas. Zusätzlich verfasste er mehrere Novellen und 1931 veröffentlichte er das Publika letero. Sein Leitsatz war „Liebe erzeugt Frieden, Friede erhält die Menschheit, und die Menschheit ist das höchste Ideal“.
In der Nachkriegszeit erfuhr die sogenannte Schottische Schule mit William Auld einen Aufschwung. Er war stellvertretender Schuldirektor von Berug und gab mehrere Zeitschriften heraus, unter anderem Esperanto en Skotlando (1949–1955), Esperanto (1955–1958, 1961–1962), Monda Kulturo (1962–1963) und einige mehr. Er war von 1977 bis 1980 stellvertretender Vorsitzender des UEA (Esperanto-Weltbund) und von 1979 bis 1983 war er Vorsitzender der Esperanto-Akademie. Auld galt als der bedeutendste Esperanto-Schriftsteller seiner Zeit mit seinem Hauptwerk Epos La infana raso (Die kindliche Rasse).
Sándor Szathmári wurde mit seinem satirisch-sozialkritischen Roman Gullivers Reise nach Kasohinienin der Esperanto-Welt bekannt. 1941 erschien der Roman in einer ersten Version, die noch stark zensiert war. 1946 erschien die vollständige Fassung. Der Autor fühlte sich missverstanden und schrieb Erklärungen zu der Geschichte, die in der Zeitschrift Sennacieca Revuo 1960 erschienen.


Esperanto-Literatur heute

In der heutigen Zeit zählen zu den bekanntesten Vertretern der Autoren, die in Esperanto veröffentlichen der Satiriker Jorge Camacho, ein spanischer Schriftsteller und Übersetzer. Seine Werke sind oft von einem satirischen Stil geprägt, wie etwa seine Novelle Der Meister und Martinelli. Er gehört der sogenannten Iberischen Schule esperantosprachiger Schriftsteller an.
Spomenka Štimec ist eine kroatische Schriftstellerin, die auch auf Esperanto schreibt. Ihre Romane Schatten auf der Landschaft der Seele und Kroatischen Kriegsnachtbuch gehören zu den bekanntesten. Sie ist unter anderem Mitglied der Esperanto-Akademie.
Die Engländerin Marjorie Bouton wird oft als die "Grande Dame" der Esperanto-Literatur bezeichnet. Sie verfasst literaturwissenschaftliche Arbeiten auf Englisch und schreibt Poesie und Prosa auf Esperanto. Ihr erster Gedichtband auf Esperanto erschien 1955. Boulton hat eine Biographie des Esperanto-Begründers Ludwik Lejzer Zamenhof veröffentlicht und ist zur Zeit Vorsitzende der beiden Esperanto-Organisationen Kat-amikaro and ODES.

1985 wurde der Esperantosprachige Autorenverband (EVA) gegründet und 1993 wurde das Esperanto-PEN-Zentrum als Sektion in den Internationalen P.E.N. aufgenommen. Bisher gibt es ca. 40.000 Buchtitel auf Esperanto, wobei in der Sachbuchsektion der Bereich der Linguistik am stärksten vertreten ist, was nicht weiter verwunderlich ist, denn schließlich sind es sprachlich interessierte, die sich mit Esperanto beschäftigen. Der britische Phonetikprofessor John C. Wells veröffentlichte unter anderm Lingvistikaj aspektoj de Esperanto und der Schweizer Dolmetscher und Psychologe Claude Piron La bona lingvo. Der französische Linguist und Religionshistoriker Gaston Waringhien ist sicherlich zu nennen mit zahlreichen Aufsätzen und Essays zu den Themen Sprache und Literatur. Im Bereich der Esperanto-Geschichte zählen der Schweizer Edmond Privat, der Deutsche Ulrich Lins Die gefährliche Sprache und der Japaner Ito Kanzi zu den wichtigsten Autoren.

Zeitschriften in Esperanto:

Esperanto: Diese Zeitschrift hat eine besondere Stellung, nicht nur als Organ des Welt-Esperantobundes Universala Esperanto-Asocio, sondern vielleicht noch eher weil sie bereits seit 1905 erscheint. Die Veröffentlichung war nur während der beiden Weltkriege unterbrochen, wurde danach jedoch wieder aufgenommen.
Kontakto: eine Zeitschrift des Jugendverbands TEJO, der an den Weltbund angegliedert ist. Die meisten Landesverbände haben eigene Zeitschriften, ebenso viele Fachverbände.
Esperanto aktuell: die Zeitschrift des Deutschen Esperanto-Bundes.
Heroldo de Esperanto: eine unabhängigte Zeitschrift, 1920 von dem Rheinländer Theo Jung gegründet.
Libera Folio: ein Internet-Magazin, das seit 2003 existiert.
Monato: erscheint in Antwerpen und hat sich den deutschen Spiegel zum Vorbild genommen mit Berichten über Politik, Gesellschaft und Kultur weltweit.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Esperanto-Literatur